Ein sonniger erster Mai ...

So schön wie in diesem Jahr das Wetter den ersten Mai versüßte, so bitter war die aktuelle Nachricht am Maifeiertag. Denn die Maikundgebung, zu der der DGB Rheinland-Pfalz/Saarland an die Kammgarn in Kaiserslautern eingeladen hatte, endete mit einer schockierenden Nachricht. Ein Edeka-Markt in Kaiserslautern schloss wenige Tage zuvor ohne Vorwarnung der Belegschaft. Davon berichtete eine Mitarbeitern.

Pfarrer Gerd Kiefer beim Gottesdienst am ersten Mai in Kaiserslautern.

Zuvor hatten die Hauptrednerin Kathrin Gröning, Vorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW Rheinland-Pfalz, zu den zahlreichen Besuchern zum Motto „Mach dich stark mit uns“ gesprochen. Begonnen hatte der Tag mit einem ökumenischen Gottesdienst, den Pfarrer Gerd Kiefer, Leiter der Evangelische Arbeitsstelle Bildung und Gesellschaft, Kaiserslautern, und Regina Wilhelm, Referentin im Fachbereich Arbeitswelt im Bistum Speyer, mit den Anwesenden feierten. 

„So geht man nicht mit Menschen um.“ Mit diesen Worten endete die Mitarbeiterin des Edeka-Marktes und Mitglied von Verdi ihren Bericht. Sie hatte erzählt, dass sie am Ostermontag über Facebook erfahren habe, dass der Markt in Kürze schließen werde, 70 Beschäftigte ihren Arbeitsplatz verlieren. Trotz Schock und Frust seien die meisten am nächsten Tag zur Arbeit gegangen. Denn ihr Job sei ihnen wichtig, anders als der Führungsriege, betonte die Mitarbeiterin. Die Kolleginnen und Kollegen, die auf ihren Lohn angewiesen seien, hätten nun keine Stelle mehr. Gefreut hätte sie trotz allem die Solidarität vieler Kunden, die sie erfahren haben. 

Arbeitsplätze gehen in Kaiserslautern derzeit auch in der Automobilindustrie verloren. Dieser Wirtschaftszweig, der hier dominierend sei, spüre die Transformation in der Arbeitswelt enorm, hob Kathrin Gröning in ihrer Rede hervor. Alternativen kaum in Sicht. 

Seien die Arbeitsplätze unsicher, nütze auch die beste Ausbildung nichts, fand Gröning. Dennoch appellierte sie an die jungen Leute, eine Lehre zu beginnen und durchzuziehen, selbst wenn die Löhne geringer seien als bei großen Konzernen wie Amazon, wo sie als Hilfskräfte anheuern könnten. Längerfristig zahle sich dieser Schritt nicht aus. Als Vorsitzende der Bildungsgewerkschaft mahnte die Rednerin, in Personal und Ausstattung von Schulen und Kitas zu investieren. Denn „Bildung ist unser wichtigstes Gut.“ 

DGB-Gewerkschaftssekretär Thorsten Schmidt mahnte ebenfalls, dass der Wandel, den wir gerade durchleben, nicht zu Lasten der Beschäftigten gehen dürfe. Er forderte, den Acht-Stunden-Tag nicht anzutasten. Denn jeder und jede habe ein Anrecht auf freie Zeit für die Familie, für Hobbys und ehrenamtliches Engagement. 

Gemäß dem Motto fragte Pfarrer Kiefer in seiner Predigt, was uns und unsere Gemeinschaft stark mache. Die Antwort habe er in der Jahreslosung gefunden: „Prüfet alles und behaltet das Gute.“ Diese Worte habe der Apostel Paulus an die Gemeinden in Griechenland gerichtet. Er habe dabei die Chancen und Möglichkeiten, die ein ausbalanciertes Verhältnis zwischen Individuen und ihrer Gemeinschaft bietet, angeschaut. Und er habe die Hinweise gegeben, „die Ängstlichen zu ermutigen, sich um die Schwachen zu kümmern, Geduld mit allen zu haben, niemandem Böses mit Bösem zu vergelten und darauf zu achten, einander Gutes zu tun“. Gemeinschaft stehe dabei nicht gegen das Individuum, sie werde vielmehr von jedem und jeder gebildet. Dieser Anspruch gelte heute noch. 

Niemand, schlug Kiefer einen Bogen zur Gegenwart, könne in dieser komplexen Welt für sich in Anspruch nehmen, das einzig wahre System zu kennen, das eine soziale und gerechte Gesellschaft trägt. Auch brauche niemand Autokraten oder andere, die für sich die Deutungshoheit über pluralistische, tolerante, freie und wertebasierte Gemeinschaften reklamierten. „Wir brauchen niemanden, der uns das Denken, Entscheiden und Handeln abnimmt.“ Vielmehr hätten die Menschen das Recht und die Aufgabe, ihren Wertekompass selbst zu bestimmen und der Richtung, die er zeigt, zu folgen. 

Ähnlich hatte Regina Wilhelm in der Eröffnung argumentiert. In diesen unsicheren und turbulenten Zeiten sei es wichtiger denn je, sich gemeinsam stark zu machen. Denn nur gemeinsam, Seit an Seit, könne für Gerechtigkeit, für Erhalt von Arbeitsplätzen und fairen Arbeitsbedingungen gestritten werden. Und nur gemeinsam könne denjenigen die Stirn geboten werden, die Demokratie, Friede und Freiheit zu unterhöhlen drohten. 

 

Text: Regina Wilhelm