Letzte Hilfe: Ausgebucht

Beim „Letzte Hilfe Kurs“ am Samstag, 29. Februar 2020 im Heinz-Wilhelmy-Haus in Kaiserslautern waren die Plätze begehrt und der Kurs schnell ausgebucht. Von 10 bis 15 Uhr erfuhren 13 Teilnehmerinnen und zwei Teilnehmer von Monika Feddeck und Sabrina Jacob „Letzte Hilfe Infos“, die zur Begleitung von schwerstkranken und sterbenden Menschen unterstützend wie ein Notfallset sein können. Die beiden Referentinnen nahmen sich während des strukturierten Vortrags viel Zeit für Fragen der Teilnehmenden zu diesem berührenden Thema. Sie betonten wie wichtig es sei, alle Dimensionen des kranken Menschen zu beachten: Neben den physischen Faktoren, welche sich auf die medizinische bzw. pflegerische Behandlung und körperliche Symptome konzentrieren, sei es genauso wichtig, auf die psychischen, sozialen und spirituellen Fragen und Bedürfnisse des kranken Menschen während seines letzten Lebensabschnitts einzugehen.

Bunte Schmetterlinge und Raupen in der Raummitte symbolisierten die Transformation und den Übergang

Gesammelte Flipchartblätter, Flyer und Broschüren erweiterten unsere Linkliste

Weitere Kinderbuchtipps zum Thema Tod und Sterben stehen in unserer Literaturliste zum Download

Im Kurs ging es um die präventive Auseinandersetzung mit dem Thema Sterben als Teil des Lebens, mit konkreten Fragestellungen wie Vorsorge, Schmerzlinderung, Sterbeprozess und Abschiednehmen. Eine rechtzeitige Vorbereitung erleichtere es im Ernstfall, die nötigen Dinge zu regeln, damit die Familie mehr Zeit und Ruhe hat, um sich zu verabschieden. Viele Menschen haben weder eine Patientenverfügung noch eine Vorsorgevollmacht hinterlegt; so kann es beispielsweise beim Fehlen solcher Verfügungen dazu kommen, dass in dieser belastenden Situation auch noch das Gericht eingeschaltet werden muss, um z.B. die gesetzliche Betreuung zu regeln. Auch die Tatsache, dass die Verstorbenen 36 Stunden (in Rheinland-Pfalz) zuhause aufgebahrt werden können, war auch Teilnehmenden, die sich beruflich um Sterbende und deren Angehörige kümmern, nicht bekannt. „Wer in Deutschland stirbt, wird meist sehr bald vom Bestatter abgeholt. Damit nehmen sich die Angehörigen die Chance des Abschiednehmens. Der Tod unterbricht das Leben – man hat dann alle Zeit der Welt für Abschied, Rituale, Trauern. Auch hierzu gibt es hilfreiche Tipps, gerade auch, wie man Kinder altersgemäß einbeziehen kann. Tod und Sterben sind heute Tabuthemen, die man gerne verdrängt – bis es eben soweit ist. Deshalb ist es besser, sich im Vorfeld damit auseinanderzusetzen – denn es betrifft irgendwann jeden selbst oder Menschen im engen Umfeld“, berichtet Familienbildungsreferentin Ute Dettweiler, die den Kurs organisierte. Weitere wissenswerte Themen waren:

Wann gibt es Rat und für wen? Rechtzeitig Rat und Hilfe in Anspruch nehmen - Bereits bei der Diagnosestellung einer lebensbedrohlichen Erkrankung können Betroffene und Angehörige Kontakt zum Hospizverein Kaiserslautern aufnehmen. Insbesondere dem Patienten nahestehende Angehörige „leiden“ mit und befinden sich oft in einem emotionalen Ausnahmezustand. In dieser Situation kann der Ambulante Hospiz-und Palliativberatungsdienst (AHPB) eingeschaltet werden, um die nächsten Schritte vorausschauend planen zu können. Zu nennen wäre hier die palliativpflegerische Beratung einer Hospizfachpflegekraft und wenn gewünscht, auch eine ehrenamtliche Begleitung. Betroffene können sich kostenfrei an den Hospizverein für Stadt und Landkreis Kaiserslautern e.V. wenden: https://hospiz-kaiserslautern.de/

Es gibt eine Gesetzesgrundlage, dass bei Schwerstkranken der/die behandelnde (Haus-) Arzt/Ärztin eine sogenannte „Spezialisierte ambulante Palliativversorgung“ (SAPV) verordnen kann. Doch nicht überall gibt es diese SAPV-Teams. Im Raum Kaiserslautern steht der Hospizverein den Betroffenen mit hauptamtlichen und ehrenamtlich tätigen Mitarbeiter*innen beratend und unterstützend zur Seite. Gegebenenfalls werden auch weitere Dienste miteinbezogen.

Speziell für Krebspatient*innen und ihre Familien gibt es im Raum Kaiserslautern die Organisation Mama/Papa hat Krebs, einen Förderverein der Krebsgesellschaft Rheinland-Pfalz e.V., die Betroffenen in dieser besonderen Situation verschiedene Unterstützungsmöglichkeiten bietet. Angeboten werden neben den Beratungen auch beispielsweise Familienfreizeiten oder spezielle erlebnispädagogische Angebote für Kinder und Jugendliche.

Wohin zum Sterben? Jede und jeder wünscht sich den eigenen Tod daheim, im Kreis der Angehörigen – doch auch hier sprechen die Fakten für eine andere Realität: 75 Prozent der Menschen sterben im Pflegeheim oder im Krankenhaus. Für einen der wenigen stationären Hospizplätze müssen Menschen aus dem Raum Kaiserslautern nach Landstuhl, Neustadt, Pirmasens, Bad Dürkheim oder Rockenhausen umziehen – wenn es dort gerade Kapazitäten gibt. Die Wartelisten sind lang. Wer ein stationäres Hospiz sucht, findet beim Hospiz- und Palliativ-Verband Rheinland-Pfalz e.V. Adressen und Kontaktdaten: https://www.hpv-rlp.de/

Kinder und Tod?  Früher gab es in Familien die Tendenz, Kinder nicht mit zum Krankenbesuch oder zur Beerdigung zu nehmen. Heute empfehlen Expert*innen dazu, Kinder in den Sterbe- und Trauerprozess altersgerecht mit einzubeziehen. „Kinder trauern anders“ und viele weitere Bücher eignen sich zum Aufklären und entwicklungsgerechten Begleiten von Kindern.

Weitergedacht:

Um das Thema Sterben und Tod mehr aus der Tabuzone heraus in die Gesellschaft zu tragen, gibt es neben den bundesweit angebotenen zertifizierten „Letzte Hilfe Kursen“, die in Norwegen (2014) entstanden und seit 2015 in Deutschland in dieser Form angeboten werden, weitere hilfreiche Projekte:  Eins davon ist „Hospiz macht Schule“ und realisiert Projektwochen in Grund- und weiterführenden Schulen: https://www.hospizmachtschule.de

Nachbereitet:

Unsere Literatur- und Linkliste finden Sie auf unserer Homepage www.evangelische-arbeitsstelle.de zum Download unter diesem Link.

Zum Ende des Kurses, der sowohl traurige als auch humorvolle Momente hatte, gab es einige bemerkenswerte Sätze von Teilnehmenden, hier die vier eindrücklichsten:

  • „Der Anfang und das Ende des Lebens sind fest in weiblicher Hand.“
  •  „Männer trauern anders und tun sich damit schwerer, verdrängen das mit Geschäftigkeit.“
  • „Es braucht in unserer zum Teil anonymen Gesellschaft mehr Caring Communities (Sorgende Gemeinschaften).“
  • „Bei jedem Tod lernt man dazu.“
  • Es gibt in der Trauer kein „Richtig“ oder „Falsch“ – jeder trauert anders.
    Am 14.11.20 bietet die Evangelische Arbeitsstelle den nächsten Letzte Hilfe Kurs an – Anmeldungen sind ab sofort möglich.

Verfasserinnen: Ute Dettweiler und Nadja Donauer