Eine familienorientierte Personalpolitik, verlässliche Kinderbetreuung, Mentoring und Netzwerken sowie ein Bewusstsein für eine partnerschaftliche Aufteilung der Sorgearbeit. Das sind Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für die Übernahme von Führungsaufgaben von Frauen heute in Verwaltung, Unternehmen und Betrieben, so Martina Sarter, Geschäftsführerin Operativ der Agentur für Arbeit Kaiserslautern-Pirmasens bei der Veranstaltung „Frauen verdienen mehr! Im Fokus Frauen in Führungspositionen“. Dazu hatte der Arbeitskreis Frauen und Erwerbsarbeit für Dienstag in die Familienbildungsstätte Pirmasens eingeladen.
Obwohl knapp die Hälfte der Beschäftigten weiblich ist, sind Frauen in Aufsichts- und Führungspositionen trotz gleicher Qualifikation mit weniger als einem Drittel nach wie vor deutlich unterrepräsentiert. Woran liegt dies? Was hindert Frauen daran, Führungspositionen zu übernehmen? Und was braucht es, damit sie es tun? Diesen Fragen ging Sarter in ihrem Impulsvortrag an diesem Abend nach.
Unternehmen heute brauchen die Perspektivenvielfalt von Frauen und Männern, von allen Arbeitenden, mit ihren Kompetenzen und Haltungen. Besonders Frauen sollten sich ihres „Marktwertes“ bewusster werden. Studien zeigten, dass sich Frauen seltener als Männer auf Führungspositionen und damit in der Regel gut bezahlte Stellen bewerben. Eine Rolle spielt dabei u.a. häufig die Mutterschaft zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr. In diesen Jahren machen die Männer Karriere. Es fehlt oft verlässliche und stabile Kinderbetreuung. Frauen treten dann eher zurück. Ebenso setzen Frauen den eigenen Anspruch an Führung sehr hoch und stehen sich dabei oft selbst im Wege – so Martina Sarter.
Frauen, die heute in Führung gehen, tragen selbst zu einer neuen Führungskultur bei. Dies zeigt sich im Mentoring, in Netzwerken und Unterstützungssystemen. Hier ist Vieles auf dem Weg, wie die Talkrunde zeigte.
Aufmerksame Zuhörerinnen fanden die Frauen der Talkrunde, die Führungspositionen im eigenen Familienbetrieb, im Unternehmen oder in der Verwaltung einnehmen.
Christiane Seegmüller nimmt seit 3 Jahren die Leitung der Agrar Service Dienstleistungen Landwirtschaft und Umwelt GmbH wahr, immer noch eine Männerdomäne. Ihre Erfahrungen sind, dass offene Konfrontationen vermieden wurden, die Kundschaft anfangs aber eher gerne beim männlichen Kollegen nachgefragt hat. Die Arbeitszeiten sind lang und Sitzungen z.B. beim Maschinenring sind immer ab 20 Uhr. Das funktioniere nur, weil ihr Ehemann mit im Boot unterstützend und ermutigend dabei ist: „das kriegen wir hin!“. Dazu gibt es ein Netzwerk in der Kinderbetreuung von Hort, Großeltern, Freunden und Paten.
Shari Germann leitet seit fünf Jahren mit ihrer Schwester als Geschäftsführerin die A.S.T. Klaus Germann Umweltschutz GmbH Pirmasens. Sie übernahmen ein lang eingesessenes Familienunternehmen vom Vater, der das größte Vorbild für sie sei. Führung weiblich funktioniert, der Beweis ist angetreten.
Mit Begeisterung rief Dagmar Stock, selbständige Finanz-Coachin aus Pirmasens, die Frauen auf, ihre Fähigkeiten zu nutzen und mutig in Führung und finanzielle Selbständigkeit zu gehen. Hilfreich dabei seien auf jeden Fall Mentoring-Programme. Für sie ist es wichtig, die weibliche Sicht und Lebenserfahrung in Unternehmen einzubringen. Die Finanzkrise 2008 hätte einen anderen Ausgang genommen, wären mehr Frauen in Führung gewesen, sagt Dagmar Stock.
Birgit Heintz, Geschäftsführerin des Jobcenter Zweibrücken, berichtete von den Herausforderungen des Arbeitens im öffentlichen Dienst, wo Beschäftigte zu 90% weiblich und oft in Teilzeit arbeiten. Führung in Teilzeit ist dabei möglich, bringe aber häufig eine Mehrbelastung mit sich. Dennoch gefalle ihr an ihrer Führungsposition gerade die Möglichkeit, Prozesse zu steuern, Veränderungen anzustoßen und Einfluss zu nehmen.
Für die Einführung einer Quote zur Erhöhung der Anzahl von Frauen in Führungspositionen kann sich Martina Sarter nicht begeistern – auch wenn ihr bewusst ist, dass gesellschaftliche Veränderungen gerade in Bezug auf Chancengleichheit häufig gesetzliche Vorgaben brauchen.
Die Moderatorinnen der Talkrunde Dunja Maurer - Personalratsvorsitzende Stadt Pirmasens- und Susanne Morsch – Gleichstellungsbeauftragte LK SWP – fragten zum Abschluss nach, was die Talkgäste anderen Frauen mit auf den Weg geben wollen: Frauen lasst euch nicht aufhalten. Kompetenzen und Qualitäten haben wir alle, Geschlechterstereotype lasst außen vor, folgt den eigenen Stärken, ihr könnt es. Heute gibt es vielfältige Möglichkeiten, die Frauen ergreifen können, die Voraussetzungen bringen wir mit. Allerdings sollten Rahmenbedingungen besser und flexibler werden.
Im Anschluss tauschten sich die Besucherinnen und ein Besucher bei einem Imbiss und Getränken angeregt aus. Die Veranstaltung, Teil der Reihe Abendbrot in Rot, ist ein Kooperationsprojekt des Bistums Speyer, der Gleichstellungsbeauftragten des Landkreises Südwestpfalz und der Stadt Pirmasens, der Evangelischen Arbeitsstelle Bildung und Gesellschaft, des DGB - Region Pfalz, der Katholischen Frauengemeinschaft (kfd) Deutschlands, des Landfrauenverbandes Pfalz und der Katholischen Familienbildungsstätte Pirmasens/Haus der Familie.
Text: Rita Höfer/Susanne Morsch - Foto: Margret Germann, Pirmasens